Zusammenfassung zum Beriech fristlose Kündigung

Von einer außerordentlichen Kündigung spricht man, wenn die festgelegten Kündigungsfristen nicht befolgt werden müssen (§ 626 Abs. 1 BGB). Eine derartige Kündigung kann nur aus einem so genannten wichtigen Grund geschehen.

Hinweis
Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekannt werden des wichtigen Grundes erfolgen. Diese Frist beginnt, sobald für den Arbeitgeber feststeht, dass er den Arbeitnehmer nicht mehr weiter beschäftigen kann.
(BAG, 18.02.1993, 2 AZR 518/92, juris)

Bei einer außerordentlichen Kündigung hat der Arbeitgeber die Möglichkeit das Arbeitsverhältnis sofort mit dem Überbringen der Kündigung zu beenden. Die fristlose Kündigung ist die häufigste außerordentliche Kündigung.

Es kann allerdings auch eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist erfolgen. Dem gekündigten Arbeitgeber wird eine Frist gewährt, zu der das Arbeitsverhältnis beendet wird. Diese Frist ist in den meisten Fällen kürzer als die normale Kündigungsfrist. Ob eine solche Frist gewährt wird liegt im Ermessen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat meistens keinen Anspruch auf eine solche Auslauffrist.

Anders ist dies bei Betriebsratsmitgliedern (auch ehemalige, die bis vor einem Jahr welche waren) und Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit. Bei diesen Arbeitnehmern ist keine ordentliche Kündigung möglich und ihnen muss bei einer außerordentlichen Kündigung eine Frist gewährt werden, die der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht.

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn es für den Arbeitnehmer oder Arbeitgeber unzumutbar ist den Arbeitsvertrag erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu beenden.

Bei diesen Fällen handelt es sich um wichtige Gründe, bei denen eine außerordentliche Kündigung möglich sein kann. Z.B.:

Betriebsbedingte Gründe (nur in wenigen Fällen)
(BAG, 05.02.1998, 2 AZR 227/97, DB 1998, 1035)

Entzug der Fahrerlaubnis
(BAG, 14.02.1991, 2 AZR 525/90, Personal 1996, 447)

Alkohol (Krankheitsbedingte Leistungsschwäche)
(LAG Hamm, 31.01.1990, 2 Sa 1672/89, NZA 1990, 482)

Freiheitsstrafe
(BAG, 08.06.2000, 2 AZR 638/99, NZA 2000, 1282;
BAG, 09.03.1995, 2 AZR 497/94, NZA 1995, 777)

Abwerbung / Verleitung zu Vertragsbruch
(BAG, 29.10.1987, 2 AZR 145/87, juris;
LAG Rheinland-Pfalz, 07.02.1992, 6 Sa 528/91, NZA 1993, 265)

Fehlende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (trotz mehrfacher Abmahnung)
(BAG 15.01.1986, 7 AZR 128/83, NZA 1987, 93)

bewusste Arbeitsverweigerung (nicht bei Rückstand der Gehaltszahlungen)
(BAG 06.02.1997, 2 AZR 38/96, ArbuR 1997, 210)

Verletzung nebenvertraglicher Arbeitspflichten
(BAG, 31.01.1985, 2 AZR 284/83, juris)

Massive Ausländerfeindlichkeit
(LAG Hamm, 11.11.1994, 10 (19) Sa 100/94, BB 1995, 678)

Diebstahl (schon bei geringem Wert von etwa 2 €)
(BAG, 12.08.1999, 2 AZR 923/98, NZA 2000, 421;
LAG Köln, 24.08.1995, 5 Sa 504/95, NZA-RR 1996, 86)

Falsche Krankmeldung (kein bloßer Verdacht)
(BAG, 26.08.1993, 2 AZR 154/93, BB 1994, 142)

Ablauf der Arbeitserlaubnis
(LAG Nürnberg, 21.09.1994, 3 Sa 1176/93, BB 1994, 2208)

Selbstbeurlaubung (nicht wenn der Urlaub zu Unrecht abgelehnt wurde)
(BAG, 20.01.1994, 2 AZR 521/93, NJW 1994, 1894)

Gegenstandslose Strafanzeige gegen den Arbeitgeber
(LAG Köln, 07.01.2000, 4 Sa 1273/99, ZTR 2000, 278, juris;
LAG Frankfurt, 12.02.1987, 12 Sa 1249/86, BB 1987, 1320)

Straftat (Ansehen des Arbeitgebers wird geschmälert)
(LAG Düsseldorf, 3 Sa 109/00, ZTR 2000, 423)

Tätliche Auseinandersetzung mit Kollegen
(LAG Hamm, 29.07.1994, 18 (2) Sa 2015/93, BB 1994, 2208)

massiver Vollmachtsmissbrauch
(BAG, 11.03.1999, 2 AZR 51/98, juris)

Kündigung wegen „geringfügigen“ Delikten
In der jüngsten Vergangenheit wird in der öffentlichen Meinung immer wieder über fristlose Kündigungen nach sog. Bagatelldelikten diskutiert. Der allgemeine Grundsatz ist, wenn ein Arbeitnehmer – unabhängig von seiner betrieblichen Zugehörigkeit – aus dem betrieblichen Umfeld etwas entwendet oder veruntreut, dass dieses als Vertrauensbruch angesehen wird.

Bis zum 10. Juni 2010 gehörte es zur ständigen Rechtssprechung, dass auch bei einem Wert von 0,50 EUR der Vertrauensbruch akzeptiert und eine fristlose Kündung durch den Arbeitgeber von den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt wurde.

In einer EInzelfallentscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bei einer fristlosen Kündigung nach einer Veruntreuung von 1,30 EUR bei einer gleichzeitig 31-jährigen tadellosen Betriebszugehörigkeit die fristlose Kündigung als nicht verhältnismäßig angesehen.

Anforderung an Betriebsratsanhörung bei fristloser Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung erfordert eine genaue und umfassende Information des Betriebsrates, die sich auch auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Kündigungstatsachen erstreckten muss.

Der maßgebliche Sachverhalt für eine fristlose Kündigung ist so genau und umfassend mitzuteilen, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Dazu gehört die Angabe des Zeitpunktes, zu dem der Arbeitgeber Kenntnis von den Kündigungstatsachen erlangt hat. Erst dadurch wird der Betriebsrat in die Lage versetzt, den möglichen Fristablauf, wie er in § 626 Abs.2 vorgesehen ist, zu prüfen.

Wurde der Betriebsrat nicht umfassend über die maßgeblichen Sachverhalte – mit allen Unterlagen – und der genauen Information über die Kenntniserlangung informiert, gilt die Betriebsratsanhörung als nicht erfolgt und eine fristlose Kündigung ist somit nicht möglich.

Sollte der Betriebsrat aufgrund einer nicht umfassenden Information die fristlose Kündigung ablehnen, so kann die Betriebsratsanhörung auch nicht durch das Arbeitsgericht ersetzt werden. Eine nachträglich vorgenommene Unterrichtung führt nicht zu einer rückwirkenden Heilung, da aus Gründen der Rechtssicherheit bei Einleitung des Gerichtsverfahrens feststehen muss, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Verfahrens vorliegen. Voraussetzung wäre daher ein erneuter Antrag auf Zustimmungserteilung an den BR, zumindest jedoch das Einräumen rechtlichen Gehörs.