Mitwirkung und Mitbestimmung im Betrieb

Mitbestimmung bedeutet die gesetzliche Teilnahme der Arbeitnehmer oder der Betriebsratsmitglieder am Willensbildungsprozess in Betrieben und Unternehmen. Dabei muss mit dem Arbeitgeber zusammengearbeitet werden.

Die Mitbestimmungsrechte unterteilen sich in verschieden abgestufte Rechte. Mitbestimmung reicht demnach von Anhörungsrechten bis zu Mitentscheidungsrechten. Werden die Mitbestimmungsrechte von den Arbeitnehmern selbst in Anspruch genommen, so findet die Mitbestimmung auf der individuellen Ebene statt. Findet die Mitbestimmung durch die Vertreter der Arbeitnehmer statt, also dem Betriebsrat oder der Jugend- und Ausbildungsvertretung, so wird sie auf der betrieblichen Ebene praktiziert. Die Unternehmensebene ist die Mitbestimmung von Arbeitnehmern in Kapitalgesellschaften oder aufsichtsratpflichtigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung direkt im Aufsichtsrat oder im Vorstand.

Das Mitbestimmungsrecht wird durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelt und tritt in Kraft wenn im Betrieb mehr als fünf ständig beschäftigte Wahlberechtigte arbeiten. Der Betriebsrat wird auf die Initiative der Arbeitnehmer gebildet. Er hat in sozialen Angelegenheiten, personellen Angelegenheiten und in wirtschaftlichen Angelegenheiten Mitbestimmungsrechte. Bei den Mitbestimmungsrechten sind Arbeitgeber und Betriebsrat völlig gleichgestellt. Beide haben ein gleiches Initiativrecht. Sie können also nur gemeinsam über entsprechende Angelegenheiten entscheiden.


 

Soziale Angelegenheiten (§§ 87ff BetrVG)

Sie bilden den Kernbereich der betrieblichen Mitbestimmung. Er umfasst

 


 

§ 87,1   Die Ordnung des Betriebes

Nr.1      Verhaltensregeln können nur gemeinsam mit Arbeitgeber und Betriebsrat erarbeitet werden. Ausnahmen bilden die arbeitsnotwendigen Maßnahmen

 


 

§ 87,1   Arbeitszeiten

Nr. 2     Bei Entscheidungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Pausen, Verteilung der einzelnen Wochentage, etc. kann der Betriebsrat mitentscheiden (§ 87, I,  Satz 3). Hierbei ist zu beachten, dass es sich um die Lage der Arbeitszeiten handelt. Die vertragliche Dauer dieser kann allein vom Arbeitgeber festgelegt werden.

 


 

§ 87,1   Kürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit

Nr. 3     Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht zur vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung von Arbeitszeiten. Verlangt der Arbeitgeber von einer Mehrzahl von Arbeitnehmern Überstunden, so muss der Betriebsrat zustimmen.

 


 

§ 87,1   Arbeitsentgelte

Nr. 4     Hierunter fallen Zeit, Ort und Art der Auszahlungen, Provisionsumstellung

 


 

§ 87,1   Urlaubsgrundsätze

Nr. 5     Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht für die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplanes, die Festlegung der zeitlichen Lage. Dazu gehören auch die Festlegung der Reihenfolge, die Regelung der Teilung des Urlaubs und die Übertragung. (BAG, 14.01.1992, 9 AZR 148/91, BB 1992, 995)

 


 

§ 87,1   Technische Einrichtungen

Nr. 6     Ohne Zustimmung des Betriebsrates können technische Einrichtungen, die zum Sammeln, Auswerten oder Überprüfen von Leistungen oder Verhalten der Arbeitnehmer dienen, nicht in Betrieb genommen werden

 


 

§ 87,1   Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren

Nr. 7     Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht über die Regelungen zur Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren. Diese müssen allerdings im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschrift liegen.

 


 

§ 87,1   Sozialeinrichtungen

Nr. 8,9  Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen unterliegen dem Mitbestimmungsrecht. Der Betriebsrat bestimmt wie die Sozialeinrichtungen verwendet und genutzt werden. Die Anschaffung einer solchen Einrichtung wird ohne den Betriebsrat entschieden.

 


 

§ 87,1   Entlohnungsgrundsätze

Nr. 10   Die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, sowie die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden unterliegen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Darunter fallen auch Akkord- und Prämiensätze. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich hier jedoch nicht direkt auf die Lohnhöhe, sonder auf die Gerechtigkeit und Transparenz der Löhne.

 


 

Personelle Angelegenheiten (§§ 92ff BetrVG)

§ 92      Personalplanung

Der Betriebsrat muss über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf und den sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen und Maßnahmen der Berufsbildung an Hand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend informiert werden. Er hat mit dem Arbeitgeber über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten. Der Arbeitgeber hat bei diesen Maßnahmen die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu berücksichtigen. Der Betriebrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen.

 


 

§ 94      Personalfragebogen / Beurteilungsgrundsätze

Wenn der Arbeitgeber Personalfragebogen oder Bewertungsgrundsätze aufstellen will, so sind diese vom Betriebsrat zustimmungspflichtig. Lässt sich keine Einigung beider Seiten finden, so entscheidet die Einigungsstelle (nach §76 BetrVG)

 


 

§ 95      Auswahlrichtlinien

Ebenso wie die Beurteilungsgrundsätze oder Personalfragebogen, bedürfen die Auswahlrichtlinien der Zustimmung des Betriebsrates. Richtlinien über die personelle Auswahl bei Kündigung, Versetzung, Einstellung und Umgruppierung, sowie die Erstellung einer betrieblichen Norm ist die gemeinsame Aufgabe des Betriebsrates und des Arbeitgebers. Ziel ist es das Auswahlverfahren transparenter zu machen, so dass der Arbeitnehmer erkennen kann, warum zum Beispiel er nicht ausgewählt wurde. Der Betriebsrat kann die Aufstellungen von solchen Auswahlrichtlinien erst ab einer Betriebsgröße von mehr als 500 Arbeitnehmern verlangen.

 


 

§ 99      Personelle Einzelmaßnahmen (§ 99)

In Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten muss vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung der Arbeitgeber den Betriebsrat darüber informieren. Er muss alle erforderlichen Unterlagen hierzu zur Verfügung stellen. Des weiteren muss der Betriebsrat über die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterrichtet werden und dazu seine Zustimmung geben. Er kann diese verweigern wenn

  • die personelle Einzelmaßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallvorschrift oder eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung verstößt,
  • sie gegen eine Auswahlrichtlinie verstößt,
  • begründete Besorgnis darüber besteht, dass beschäftigte Arbeitnehmer aufgrund der personellen Maßnahme gekündigt werden oder Nachteile erleiden,
  • Ausschreibungen im eigenen Betrieb unterbleiben,
  • Die personelle Maßnahme zu Störungen des Betriebsfriedens führen kann.

Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, so muss er dies mit der entsprechenden Begründung innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen. Ist diese Frist abgelaufen, so gilt das Schweigen des Betriebsrates als Zustimmung. Bei einer Verweigerung kann die Zustimmung nur durch das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers ersetzt werden.

 


 

$ 102    Kündigungen

Vor jeder Kündigung muss der Betriebsrat davon unterrichtet werden und es müssen ihm die Gründe genannt werden. Geschieht dies nicht, so ist die Kündigung unwirksam. Der Betriebsrat kann dieser Kündigung widersprechen, wenn

  • der Arbeitgeber bei der Auswahl soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend beachtet hat,
  • die Kündigung den vereinbarten Auswahlrichtlinien widerspricht,
  • der zu kündigende Arbeitnehmer in einer anderen Stelle im Betrieb weiterbeschäftigt werden kann und die Umschulungsmaßnahmen in einem zumutbaren Maße sind,
  • eine Änderung des Arbeitsvertrages eine Weiterbeschäftigung ermöglichen würde.

 


 

Wirtschaftliche Angelegenheiten (§§ 106ff BetrVG)

Wirtschaftsausschuss

–          der Wirtschaftsausschuss ist ab mindestens 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zu bilden. Mindestens ein Betriebsratmitglied muss Mitglied des Wirtschaftsausschusses sein. Die Aufgabe des Ausschusses ist es, mit dem Arbeitgeber wirtschaftliche Angelegenheiten gemeinsam zu beraten. Zu diesen gehören

  1. die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens,
  2. die Produktions- und Absatzlage,
  3. das Produktions- und Investitionsprogramm,
  4. Rationalisierungsvorhaben,
  5. Fabrikations- und Arbeitsmethoden, Einführung neuer Arbeitsmethoden,
  6. Einschränkungen oder Stilllegungen von Betrieb bzw. Betriebsteilen,
  7. das Verlegen von Betrieben bzw. Betriebsteilen,
  8. der Zusammenschluss von Betrieben,
  9. die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks,

Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer wesentlich berühren